Auf dem Weg zur Hinrichtung


Am ersten Tag des Festes der ungesäuerten Brote – an dem Tag, an dem man das Passalamm schlachtet – fragten die Jünger Jesus: »Wo sollen wir das Passamahl für dich vorbereiten?« 13 Er gab zwei von ihnen den Auftrag: »Geht in die Stadt! Dort werdet ihr einem Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm, 14 bis er in ein Haus hineingeht, und sagt dort zu dem Hausherrn: ›Der Meister lässt fragen: Wo ist der Raum für mich, in dem ich mit meinen Jüngern das Passamahl feiern kann?‹ 15 Er wird euch ein großes Zimmer im Obergeschoss zeigen, das ´mit Sitzpolstern` ausgestattet und für das Festmahl hergerichtet ist. Bereitet dort das Passa für uns vor.« 16 Die beiden Jünger machten sich auf den Weg. In der Stadt angekommen, fanden sie alles so, wie Jesus es ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passamahl vor.
 
Markus 12,14-16 (NGÜ)

Stellen Sie sich diese Szene einmal aus der Sicht des Gastgebers vor. Wie mag das Geschehen auf ihn gewirkt haben?
 
Die letzten Vorbereitungen für das Passahfest laufen. Eine Woche feiern steht auf dem Programm. Da muss viel erledigt werden, da gibt es viel zu tun. Vielleicht kann man es mit dem Trubel an Weihnachten bei uns vergleichen - nur, dass es doppelt so lange ging! 
 
Mitten in diesem Trubel befindet sich ein Mann. Er trägt einen Wasserkrug. Vielleicht ist das ein Zeichen für den Stress, der gerade herrscht, denn normalerweise ist das die Arbeit der Frauen. Wenn es damals beim Passahfest wie bei uns an Weihnachten zuging, dann wird man auch stöhnen: Es ist so viel zu tun! Überall sind Mengen von Menschen unterwegs, die noch irgendwas einkaufen wollen. So kann man doch keine Ruhe finden, um sich richtig auf das Fest vorbereiten und freuen zu können!
 
Wir sind also immer noch mitten in dem Trubel der Festvorbereitungen. Der Mann trägt seinen Krug mit Wasser. Völlig unerwartet spricht ihn ein anderer Mann an, der ihm gerade so über den Weg läuft: „Der Meister lässt dir sagen: „Wo ist der Raum, in dem ich mit meiner Gruppe das Passalamm essen kann?““
 
Hallo!?  
Haben wir das richtig mitbekommen? 
Was ist das denn für eine  Ansage hier? 
Kein Bitte, kein vorsichtiges Nachfragen, ob überhaupt noch ein Platz frei ist. Es gibt keine Anstandsregeln oder Höflichkeitsformen - einfach nur die nackte Ansage: Wo ist der Platz für Jesus und seine Anhänger? 
Darf Jesus das??
 
Ganz ehrlich, mich hat es schon immer sehr verwundert, wie der Mann mit dem Krug hier reagiert. Wenn mir so einer kommt, dann mache ich erst einmal dicht. Bestenfalls schlucke ich, atme heimlich tief durch und frage dann möglichst freundlich nach, worum es hier überhaupt geht. Dann sage ich, dass ich erst einmal im Kalender nachsehen und alles mit meiner Frau besprechen muss. So überfahren zu werden - und das sogar von Jesus? - das stößt mir irgendwie bitter auf.
 
Aber….
Ist das richtig?
Ich weiß nicht, was die Worte „der Meister lässt dir sagen“ bei dem Mann mit dem Krug ausgelöst haben. Dass er so ganz anders reagiert, als es wohl die meisten Menschen tun würden, könnte gut damit zusammenhängen, dass er eine Ahnung davon hat, wer hier mit Meister gemeint ist.
 
Und wenn er davon ausgeht, dass Jesus der Meister ist - dann kann ich auch verstehen, dass er so reagiert. Denn gibt es etwas Schöneres, als wenn Jesus zu mir kommen will?
Kann es ein schöneres Fest geben, als wenn der Sohn Gottes es in meinem Haus feiert - und ich so dabei sein und mitmachen kann?
 
Denken wir den Gedanken doch noch ein bisschen weiter - und kommen wir wieder zu uns. Wie reagieren eigentlich wir, wenn Jesus unsere Hilfe braucht?
 
Wie reagieren Sie, wenn Sie um Mitarbeit im Reich Gottes gebeten werden?
Was ist Ihre erste Reaktion, Ihr erster Gedanke, wenn in der Gemeinde Helfer für evangelistische Aktivitäten gesucht werden?
Was ist, wenn Ihr Kalender gerade so voll ist und Sie sich selbst gern auf ein Fest wie Weihnachten vorbereiten und freuen möchten - und dann sollen Sie da noch mal kurz was für Jesus tun?
Wer siegt dann? 
Der volle Kalender, der mir keinen Spielraum lässt - oder die Freude, etwas für Jesus tun zu dürfen?
 
Ich weiß natürlich nicht, wie Sie diese Frage für sich beantworten. Dafür habe ich aber sehr genau meine inneren Kämpfe vor Augen, wenn sich mir diese Frage stellen würde. Genau darum beschämt mich die Reaktion des Mannes mit dem Wasserkrug. 
Er sagt sofort ja, lässt für Jesus alles stehen und liegen und ist dann voll dabei, als Jesus feiert.
 
Mehr noch. Er ist dabei, als Jesus das Abendmahl einsetzt. Es ist das besondere Passahfest, das Jesus sehr viel bedeutet. Jesus weiß, dass Judas ihn bereits verraten hat. Er weiß, dass er bei diesem Fest als das ewig gültige Passahlamm sterben wird. Von den Menschen unbemerkt ist es das Fest, an dem Gott Heilsgeschichte schreiben wird - und mittendrin ist der Mann, der mit dem Wasserkrug in der Hand zugesagt hat, dass Jesus bei ihm feiern darf.
 
Ich denke weiter und frage mich: 
Was ist mir möglicherweise schon an besonderen Erlebnissen mit Jesus entgangen, weil ich die Arbeit, den Stress, den vollen Terminkalender gesehen und darum keine Zeit für Jesus hatte?
 
Ich frage mich dann auch:
Wer bin ich eigentlich, dass ich kleiner Mensch Gott sagen könnte: Für dich habe ich gerade keine Zeit - während Gott mit mir und durch meinen kleinen Beitrag etwas für die ganze Welt tun möchte?
 
Ja, Jesus hat den Überblick. Er wusste genau, dass bei diesem Mann Platz war. Er hat keinen angesprochen, für den es unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, diesen Dienst für Jesus zu tun!
Jesus wusste genau, wen er da angesprechen ließ. Exakt hatte er ihn seinen Jüngern beschrieben. Sie fanden ihn genauso vor, wie Jesus es gesagt hatte. Jesus verlangt von keinem etwas, was nicht möglich wäre oder was er, Jesus, nicht möglich machen möchte!
So viel zum Vorbild des Mannes mit dem Wasserkrug.
 
 
Wir verlassen jetzt den Mann und sehen uns die Jünger in dieser Geschichte noch einmal an:
Jesus sendet seine Jünger in die Stadt. Sein Auftrag: Irgendwo in der Stadt werdet ihr auf einen Mann treffen, der einen Wasserkrug trägt. Den fragt, wo wir feiern können.
 
Echt?
Jesus, das willst du wirklich von uns?
Wo sollen wir denn den Mann finden?
Und warum sollte der der Richtige sein, der Platz für uns hat?
Vor allem aber: Warum kommst du so spontan damit an?
 
Jesus, du wusstest doch auch, dass Passah wieder dran ist? So überraschend kann es doch gar nicht kommen, dass du dir da nicht vorher schon mal ein paar Gedanken hättest machen können, wie…..
 
Sicher kennen auch Sie diese Gedanken und welche Worte und Argumente wir dann wie am Fließband liefern können, dass das keine so gute Planungsleistung ist.
 
So gut die Argumente unseres Hinterfragens auch sein mögen: Wer bin ich denn, dass ich Gott Vorgaben oder gar Vorhaltungen machen könnte?
 
Die Jünger damals waren ja auch nicht auf den Mund gefallen. Ein Petrus konnte sich frech Jesus in den Weg stellen und ihm sagen: So geht das aber nicht!
Vielleicht hatten sie die Lektion aber inzwischen auch gelernt, dass Jesus mehr kann - alles kann. Sie erinnerten sich an die fünf Brote und zwei Fische. Sie wollten die Menschen nach Hause schicken - Jesus machte damit Tausende satt und es blieben hinterher noch zwölf Körbe voll übrig. Oder sie dachten an den Besessenen, den sie nicht befreien konnten und das Jesus ihnen sagen musste: Ihr vertraut mir zu wenig.
 
Jedenfalls wird in dieser Geschichte nicht diskutiert. Die Jünger tun das schwer Nachvollziehbare und erleben wieder einmal: Jesus weiß alles. Wenn er uns sendet, weiß er, was er tut. Es selbst wird dafür sorgen, dass sein Wille geschehen kann.
 
Egal, ob ich so auf den Mann mit dem Wasserkrug sehe oder ob ich mir die Jünger vor Augen halte: Die Botschaft dieses Bibeltextes wirbt darum, dass ich ebenso schnell ja sage, wenn es um Jesus geht. Dass ich meine unzähligen Einwände nicht anbringe,   ganz unabhängig davon, ob ich es bin, den Jesus sendet, oder ob ich es bin, zu dem jemand kommt, den Jesus gesandt hat.
 
Solange es nur um Jesus geht, kann ich nur gewinnen, wenn ich bei Jesus mitmache.